Kreispolitik als Neuling
Schwieriger, und um ein Erhebliches wichtiger, ist da schon die Frage „Wie funktioniert die Arbeit des Kreistags genau?“ Für einen Neuling kann es am Anfang schwer sein, das komplette System zu verstehen. Als ich anfing, hatte ich einen ganz entscheidenden Vorteil: Ich konnte Leute aus meiner Fraktion, also die gesammelten Kreistagsabgeordneten der SPD, fragen. Die Fraktion besteht aus erfahrenen sowie völlig neuen Mitgliedern. So wie ich eines war. Von der Möglichkeit zu fragen habe ich in den ersten Monaten dann auch oft und gerne Gebrauch gemacht.
Der Kreistag kommt alle drei Monate zusammen. Bei einer solchen Sitzung sollten möglichst sämtliche Abgeordnete anwesend sein. Natürlich sind auch hin und wieder Abgeordnete verhindert, aber dies sollte natürlich die Ausnahme und nicht die Regel sein.
Wofür geben wir Geld aus?
Wie jedes richtige Parlament, so übt auch der Kreistag ein sehr wichtiges Recht aus, das Haushaltsrecht. Der Kreistag ist das Gremium, welches über die Verwendung der Haushaltsmittel entscheidet. Einmal im Jahr, in der Regel im Dezember, wird der Haushalt verabschiedet. Dann wird festgelegt, wofür der Kreis im nächsten Jahr Geld ausgeben wird und auch muss. Der allergrößte Teil der Kreisausgaben sind nämlich sogenannte „pflichtige Leistungen“, die der Kreis von Land und Bund aufgetragen bekommt. Das reicht von Kosten der Unterkunft für Transferleistungsempfänger bis hin zur Schuldnerberatungsstelle. Dazu kommen noch, zu einem erheblich geringeren Teil, die freiwilligen Leistungen. Über sie kann der Kreis eigene Akzente setzten. Da der Gestaltungsspielraum bei den Pflichtaufgaben relativ gering ist, geht es bei den Haushaltsberatungen in erster Linie um die freiwilligen Leistungen. Hierbei zeigen sich dann die unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien.
Bei den Haushaltsberatungen wird auch die finanzielle Situation des Kreises deutlich und der Einfluss den Land und Bund darauf haben. Viele den Kreishaushalt betreffende Entscheidungen werden also im Land und im Bund getroffen. Die Kosten für die Pflichtaufgaben steigen jedes Jahr, in einigen Positionen sogar ganz erheblich. Unser Kreis befindet sich seit Jahren in der Situation, dass seine Einnahmen nicht seine Ausgaben decken können. Daraus resultiert – logischerweise – ein wachsender Berg von Schulden. Die in den Medien vielfach besprochene Haushaltskonsolidierung stellt also nicht nur die Landes- und Bundespolitik vor Herausforderungen, sondern genauso uns Kommunalpolitiker. Wir müssen uns auch in Zukunft weiterhin damit beschäftigen, wie wir unseren Haushalt in den Griff bekommen wollen, ohne dabei wichtige Institutionen und das soziale Miteinander im Kreis zu zerstören!
Jetzt könnte hier natürlich der Eindruck einstehen, dass nur eine Kreistagssitzung im Jahr wirklich wichtig ist. Dem ist natürlich nicht so. Auch in den anderen Sitzungen können Fraktionen ihre Anträge stellen und für eine Mehrheit kämpfen. Diese entstehen häufig aus der Arbeit der Ausschüsse heraus.
Die Hauptarbeit findet in den Ausschüssen statt
Jeder Abgeordnete arbeitet in mindestens einem Ausschuss mit. Ich zum Beispiel bin Mitglied im Betriebsausschuss Forsten. Ausschüsse arbeiten die Themen ab, für die sie zuständig sind. Diese können dann auf aktuelle Entwicklungen in ihrem Bereich reagieren oder langfristige Planungen durchführen. Am Ende dieser Prozesse steht meist ein Beschlussvorschlag für den Kreistag. Die Ausschüsse sind nötig, um den vielen Aufgaben des Kreises nachzukommen. Diese reichen von der Übernahme der Kosten der Unterkunft für Empfänger von Transferleistungen, über den Katastrophenschutz bis hin zur Kulturarbeit. Es gibt mehr Aufgaben als ich sie hier in diesem Text unterbringen könnte und ein einzelner Kreistagsabgeordneter kann nicht alle diese Felder bearbeiten. Deshalb ist die Aufteilung in Fachbereiche, also Ausschüsse, wichtig.
Kreistagssitzungen selbst kann man grob in drei Abschnitte einteilen. Der erste Abschnitt handelt Formalien ab. Dazu gehört neben der Begrüßung und des Beschließens der Tagesordnung auch die Einwohnerfragestunde. Hier haben Bürgerinnen und Bürger direkt die Möglichkeit Fragen an den Kreistag und die Kreisverwaltung zu richten. Eine äußerst wichtige Möglichkeit, von der leider nicht genug Gebrauch gemacht wird. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen im Kreis öfter ihre Anliegen vor den Kreistag bringen. Schließlich sitzen hier ihre gewählten Vertreter. In den letzten Jahren wurde vom Instrument der Einwohnerfragestunde leider oft erst Gebrauch gemacht, wenn es bereits zu spät war. Ein Beispiel dafür war die Umstrukturierung der Zuschüsse für Kindertagesstätten. Zahlreiche Eltern waren mit ihren Kindern am Tag, an dem die Umstrukturierung verabschiedet werden sollte, zur Kreistagssitzung zu kommen, um dagegen zu protestieren. Ich denke, hier muss der Kreis neue Möglichkeiten finden, den Menschen die Teilhabe an der Kreispolitik zu erleichtern. Zu oft findet die Kreispolitik noch in der von mir am Anfang beschriebenen eigenen Welt statt. Dies muss sich in Zukunft ändern und es sollten die Möglichkeiten der modernen Kommunikationsmittel genutzt werden, um die Kreispolitik zugänglicher zu machen. Ich habe daher vorgeschlagen, die Software LiquidFeedback für die Bürgerbeteiligung im Internet zu nutzen. Damit möchte ich den Bürgerinnen und Bürgern das Angebot machen, sich stärker zu beteiligen.
Das Mittel der politischen Auseinandersetzung: Das Wort
Im zweiten Abschnitt dreht sich alles um Beschlussempfehlungen. Hier werden nun die ersten Entscheidungen getroffen. Einige davon werden ohne Redebeiträge abgestimmt, bei anderen kann es zur Diskussion kommen. Abgeordnete haben dann die Möglichkeit für die Position ihrer Partei einzutreten. Gerade in der Haushaltssitzung kann dies sehr lange dauern.
Der dritte Abschnitt sind Anträge. Diese können von jeder Fraktion gestellt werden. Je nachdem mit welchem Thema sie sich beschäftigen, kann es auch hier zu sehr langen und hitzigen Diskussionen kommen. Eine Kreistagssitzung beginnt um 16 Uhr und kann bis maximal 22 Uhr dauern. Was bis dahin nicht geschafft wurde, muss vertagt werden. In meinen ersten fünf Jahren ist es schon vorgekommen, dass bis weit nach 21 Uhr diskutiert und getagt wurde.
Die politische Arbeit hört hier natürlich nicht auf. Viele der Entscheidungen, welche die Mitglieder des Kreistags treffen, haben direkte Auswirkungen auf unser tägliches Leben. Es ist daher wichtig, sich mit diesen Themen zu beschäftigen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Es ist wichtig, diese dann auch bei der Kommunalwahl durch Abgabe seiner Stimme deutlich zu machen. Eine Demokratie lebt von der Mitarbeit und dem Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger. Und auch, wenn man nicht immer einverstanden ist mit den Entscheidungen, die der Kreistag trifft (ich war es oft genug selbst nicht), so sollte man nicht vergessen, dass ein Kreistagsmandat ein Ehrenamt ist und die Abgeordneten viel Freizeit und Energie dafür opfern.
Eine Demokratie braucht die Mitarbeit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Dies fängt ganz direkt und konkret auf kommunaler Ebene an. Informieren Sie sich über die Kreistagsarbeit – diese Internetseiten sind dafür ein guter Startpunkt.