Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
vergangenen Freitag wurde durch die Stimmen der Großen Koalition die Diätenerhöhung für die Bundestagsabgeordneten auf 9.082 € bis zum 1. Januar 2015 beschlossen. Uns Jusos des Kreisverbandes Herzogtum Lauenburg geht es aber nicht um die Erhöhung als solche. Wir wollen ausdrücklich keine Neiddebatte führen.
Der aktuellen Diätenerhöhung stehen wir aus verschiedenen Gründen kritisch gegenüber:
Anlehnung an die Besoldung von Bundesrichtern
Wir finden es grundsätzlich richtig, sich einen Maßstab zu suchen. Allerdings sehen wir in diesem Fall ein Rosinenpicken. Es wurde eine Anhebung hinsichtlich der Privilegien beschlossen, aber keineswegs eine Angleichung der Pflichten. So dürfen Bundestagsabgeordnete weiterhin bezahlte Nebentätigkeiten ausüben und haben eine bessere Altersversorgung.
Hier sind weitere Schritte erforderlich, um den Eindruck der Beliebigkeit zu entkräften. Dazu gehören eine berufliche Karenzzeit nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag, die Offenlegung der Nebeneinkünfte auf den exakten Betrag oder ein gänzliches Verbot außerparlamentarischer bezahlter Nebentätigkeiten.
Nominallohnindex
Nach der Angleichung an die Besoldung von Bundesrichtern soll die Diätenerhöhung der Entwicklung des Nominallohnindexes entsprechen. Dass die Abgeordneten zukünftig ihr Gehalt nicht mehr selbst bestimmen, scheint auf den ersten Blick richtig und gut. Allerdings hat sich bereits 1975 das Bundesverfassungsgericht gegen einen solchen Automatismus ausgesprochen. Die formale jährliche Bestätigung der Diätenänderungen durch den Bundestag, um den Richtern zu entsprechen, sehen wir höchst kritisch. Zukünftig muss der Bundestagspräsident die Erhöhung nur noch in einer Bundestagsdrucksache veröffentlichen. Durch dieses Verfahren entfällt zukünftig jedwede Diskussion um die Angemessenheit der Bezüge. Statt Transparenz und Öffentlichkeit zu schaffen, wird an dieser Stelle der Vorschlaghammer angesetzt. Demokratie lebt nicht zuletzt von Diskussion und Meinungsaustausch. Dies darf nicht unter den Tisch fallen!
Wir fordern daher, dass die Abgeordneten weiterhin persönlich die Verantwortung für ihre Entscheidungen tragen, indem sie selbst die Diskussion um Diätenerhöhungen führen und tragen müssen. Einen Automatismus, wie den beschlossenen, lehnen wir ab.
Altersversorgung
Durch die beschlossene Änderung der Diäten ist zwar das Niveau der Versorgung von 67,5 % auf 65 % der Bezüge gesunken, die Durchschnittsrenten in den alten Bundesländern liegen momentan aber bei unter 60 %. Hier sehen wir weiterhin ein gefährliches Ungleichgewicht zwischen Volk und Volksvertretern. Auch ist die Pension weiterhin steuerfinanziert.
Die Altersvorsorge sollte nicht länger nur durch Steuergelder finanziert sein, sondern auch durch persönliches Engagement der Abgeordneten selbst. Dies ist bereits in einigen Landesparlamenten der Fall.
Mangelnde Reformen in anderen Bereichen
Während die Abgeordnetenbesoldung regelmäßig überprüft und geändert wird, scheinen andere Bereiche, die reformbedürftig sind, hintenüber zu fallen. Uns Jusos am nächsten liegt das BAföG: An diesem wird seit Jahren mehr schlecht als recht gearbeitet, eine echte Reform, die sich an die realen Lebensverhältnisse der Empfänger orientiert, steht weiterhin aus.
Wir fordern daher, dass nun auch endlich die Bereiche angegangen werden, die für viele Menschen den Alltag entscheidend beeinflussen.
Versuch der Vermeidung öffentlicher Diskussion
In dieselbe Zeitperiode wie die Diätenerhöhung fällt der Gesetzentwurf zur Abgeordnetenbestechung. Dieser Zufall scheint sehr genehm, da es die Aufmerksamkeit von einem „Verliererthema“ auf ein „Gewinnerthema“ lenkt. Es entsteht der Eindruck, dass die Öffentlichkeit hier hinter das Licht geführt werden soll.
Wir fordern daher, dass zukünftig heikle Themen getrennt diskutiert und beschlossen werden.
Wir Jusos Herzogtum Lauenburg erkennen die vielfältige Arbeit der Bundestagsabgeordneten an und sind uns einig, dass diese auch angemessen bezahlt werden sollte. Wir wissen auch, dass die Entwicklung der Abgeordnetenbezüge langfristig der normalen Lohnentwicklung (bisher) hinterher hinkt. Die Jusos sind sich aber auch darin einig, dass es Grund zur Kritik gibt, die unserer Meinung nach nicht ausreichend beachtet worden ist.
Wir Jusos des Kreisverbands Herzogtum Lauenburg würden uns freuen, wenn Sie zu den angeführten Punkten Stellung beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Immo Braune
Kreisvorsitzender
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