Gesetz zur Diätenerhöhung: So nicht!

In einem offe­nen Brief an die Abge­ord­ne­ten des Deut­schen Bun­des­ta­ges kri­ti­sie­ren die Jusos Her­zog­tum Lau­en­burg auf Beschluss der Kreis­kon­fe­renz vom 23.02.2014 das neue Gesetz zur Diätenerhöhung

Sehr geehrte Abge­ord­nete des Deut­schen Bundestages,

ver­gan­ge­nen Frei­tag wurde durch die Stim­men der Gro­ßen Koali­tion die Diä­ten­er­hö­hung für die Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten auf 9.082 € bis zum 1. Januar 2015 beschlos­sen. Uns Jusos des Kreis­ver­ban­des Her­zog­tum Lau­en­burg geht es aber nicht um die Erhö­hung als sol­che. Wir wol­len aus­drück­lich keine Neid­de­batte führen.

Der aktu­el­len Diä­ten­er­hö­hung ste­hen wir aus ver­schie­de­nen Grün­den kri­tisch gegenüber:

Anleh­nung an die Besol­dung von Bundesrichtern

Wir fin­den es grund­sätz­lich rich­tig, sich einen Maß­stab zu suchen. Aller­dings sehen wir in die­sem Fall ein Rosi­nen­pi­cken. Es wurde eine Anhe­bung hin­sicht­lich der Pri­vi­le­gien beschlos­sen, aber kei­nes­wegs eine Anglei­chung der Pflich­ten. So dür­fen Bun­des­tags­ab­ge­ord­nete wei­ter­hin bezahlte Neben­tä­tig­kei­ten aus­üben und haben eine bes­sere Altersversorgung.

Hier sind wei­tere Schritte erfor­der­lich, um den Ein­druck der Belie­big­keit zu ent­kräf­ten. Dazu gehö­ren eine beruf­li­che Karenz­zeit nach dem Aus­schei­den aus dem Bun­des­tag, die Offen­le­gung der Neben­ein­künfte auf den exak­ten Betrag oder ein gänz­li­ches Ver­bot außer­par­la­men­ta­ri­scher bezahl­ter Nebentätigkeiten.

Nomi­nal­lohn­in­dex

Nach der Anglei­chung an die Besol­dung von Bun­des­rich­tern soll die Diä­ten­er­hö­hung der Ent­wick­lung des Nomi­nal­lohn­in­de­xes ent­spre­chen. Dass die Abge­ord­ne­ten zukünf­tig ihr Gehalt nicht mehr selbst bestim­men, scheint auf den ers­ten Blick rich­tig und gut. Aller­dings hat sich bereits 1975 das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt gegen einen sol­chen Auto­ma­tis­mus aus­ge­spro­chen. Die for­male jähr­li­che Bestä­ti­gung der Diä­ten­än­de­run­gen durch den Bun­des­tag, um den  Rich­tern zu ent­spre­chen, sehen wir höchst kri­tisch. Zukünf­tig muss der Bun­des­tags­prä­si­dent die Erhö­hung nur noch in einer Bun­des­tags­druck­sa­che ver­öf­fent­li­chen. Durch die­ses Ver­fah­ren ent­fällt zukünf­tig jed­wede Dis­kus­sion um die Ange­mes­sen­heit der Bezüge. Statt Trans­pa­renz und Öffent­lich­keit zu schaf­fen, wird an die­ser Stelle der Vor­schlag­ham­mer ange­setzt. Demo­kra­tie lebt nicht zuletzt von Dis­kus­sion und Mei­nungs­aus­tausch. Dies darf nicht unter den Tisch fallen!

Wir for­dern daher, dass die Abge­ord­ne­ten wei­ter­hin per­sön­lich die Ver­ant­wor­tung für ihre Ent­schei­dun­gen tra­gen, indem sie selbst die Dis­kus­sion um Diä­ten­er­hö­hun­gen füh­ren und tra­gen müs­sen. Einen Auto­ma­tis­mus, wie den beschlos­se­nen, leh­nen wir ab.

Alters­ver­sor­gung

Durch die beschlos­sene Ände­rung der Diä­ten ist zwar das Niveau der Ver­sor­gung von 67,5 % auf 65 % der Bezüge gesun­ken, die Durch­schnitts­ren­ten in den alten Bun­des­län­dern lie­gen momen­tan aber bei unter 60 %. Hier sehen wir wei­ter­hin ein gefähr­li­ches Ungleich­ge­wicht zwi­schen Volk und Volks­ver­tre­tern. Auch ist die Pen­sion wei­ter­hin steuerfinanziert.

Die Alters­vor­sorge sollte nicht län­ger nur durch Steu­er­gel­der finan­ziert sein, son­dern auch durch per­sön­li­ches Enga­ge­ment der Abge­ord­ne­ten selbst. Dies ist bereits in eini­gen Lan­des­par­la­men­ten der Fall.

Man­gelnde Refor­men in ande­ren Bereichen

Wäh­rend die Abge­ord­ne­ten­be­sol­dung regel­mä­ßig über­prüft und geän­dert wird, schei­nen andere Berei­che, die reform­be­dürf­tig sind, hin­ten­über zu fal­len. Uns Jusos am nächs­ten liegt das BAföG: An die­sem wird seit Jah­ren mehr schlecht als recht gear­bei­tet, eine echte Reform, die sich an die rea­len Lebens­ver­hält­nisse der Emp­fän­ger ori­en­tiert, steht wei­ter­hin aus.

Wir for­dern daher, dass nun auch end­lich die Berei­che ange­gan­gen wer­den, die für viele Men­schen den All­tag ent­schei­dend beeinflussen.

Ver­such der Ver­mei­dung öffent­li­cher Diskussion

In die­selbe Zeit­pe­riode wie die Diä­ten­er­hö­hung fällt der Gesetz­ent­wurf zur Abge­ord­ne­ten­be­ste­chung. Die­ser Zufall scheint sehr genehm, da es die Auf­merk­sam­keit von einem „Ver­lie­rer­thema“ auf ein „Gewin­ner­thema“ lenkt. Es ent­steht der Ein­druck, dass die Öffent­lich­keit hier hin­ter das Licht geführt wer­den soll.

Wir for­dern daher, dass zukünf­tig heikle The­men getrennt dis­ku­tiert und beschlos­sen werden.

Wir Jusos Her­zog­tum Lau­en­burg erken­nen die viel­fäl­tige Arbeit der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten an und sind uns einig, dass diese auch ange­mes­sen bezahlt wer­den sollte. Wir wis­sen auch, dass die Ent­wick­lung der Abge­ord­ne­ten­be­züge lang­fris­tig der nor­ma­len Lohn­ent­wick­lung (bis­her) hin­ter­her hinkt. Die Jusos sind sich aber auch darin einig, dass es Grund zur Kri­tik gibt, die unse­rer Mei­nung nach nicht aus­rei­chend beach­tet wor­den ist.

Wir Jusos des Kreis­ver­bands Her­zog­tum Lau­en­burg wür­den uns freuen, wenn Sie zu den ange­führ­ten Punk­ten Stel­lung beziehen.

Mit freund­li­chen Grüßen

Immo Braune
Kreis­vor­sit­zen­der

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Offener Brief