Scheer: Atomenergie darf Erneuerbare Energien nicht verdrängen. Vertagung ist nicht angebracht

Zur heute in der ersten Lesung eingebrachten sechzehnten Novelle des Atomgesetzes erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer, Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Berichterstatterin für Atomenergie.

„Mit der heute in den Bundestag eingebrachten Novelle des Atomgesetzes wird ein Ausgleich für Einbußen geschaffen, die den Atomkraftwerksbetreibern durch die Schwarz-Gelb zu verantwortenden Laufzeitverlängerungen mit anschließendem ‚Wiederausstieg‘ entstanden. Richtigerweise sieht der Gesetzentwurf zum Ausgleich keine Laufzeitverlängerungen vor, sondern wählt die Option einer Entschädigung. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber verpflichtet, eine Regelung für einen angemessenen Ausgleich zu finden und hierfür verschiedene Optionen – von Laufzeitverlängerungen bis zur Entschädigung – benannt.

Für die SPD-Bundestagsfraktion wird es in dem nun beginnenden parlamentarischen Verfahren auch darum gehen, Zielkonflikte mit der Energiewende und dem Ausbau Erneuerbarer Energien zu vermeiden. Es kann nicht sein, dass Atomstrom die Netze verstopft, insbesondere in sogenannten Netzausbaugebieten, zu denen auch Schleswig-Holstein zählt. Denn in eben diesem Netzausbaugebiet wird bereits heute Windstrom abgeregelt – kann also nicht genutzt werden. Letzteres verursacht sogenannte Redispatchkosten, die von den Stromkunden zu leisten sind.

Mit einer Einschränkung der Übertragung von Reststrommengen auf Atomkraftwerke in Netzausbaugebieten kann verhindert werden, dass weiterer Windstrom abgeregelt wird. Eine Einschränkung der Übertragung von Reststrommengen in Netzausbaugebiete würde auch die Stromkunden entlasten.

Wie bereits anlässlich der heutigen Gesetzeseinbringung erklärt, wird sich die SPD-Bundestagsfraktion im Zuge der Atomgesetznovelle dafür einsetzen, eine Übertragung von Restrommengen in Netzausbaugebiete verfassungskonform auszuschließen.

Ich begrüße, dass auch der Bundesrat diese Forderung erhebt. Bedauerlicherweise erklärt Robert Habeck mit Verweis auf eine heutige Stellungnahme des Bundesrates zu dieser Fragestellung, dass eine solche Regelung erst nach Inkrafttreten der jetzigen Atomgesetznovelle erarbeitet werden solle. Bei aller sachlichen Gemeinsamkeit, die ich an dieser Stelle ausdrücklich begrüße, wäre eine Unterstützung des gemeinsamen Anliegens bereits im Zuge der nun parlamentarischen Befassung wünschenswert. Die Erklärung einer Vertagung am Tag der Einbringung des betreffenden Änderungsgesetzes ist hingegen wenig hilfreich.

Netzausbaugebiete stehen zudem für eine Einschränkung des Ausbaus von Windenergie, die das Voranschreiten der Energiewende aufhält und schnell überwunden werden muss – etwa durch bessere Netzauslastung und die verstärkte Einbindung von Speichern. Hierfür gilt es die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.“