Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 28. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 7. April 2022
Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Fraktion der CDU/CSU: LNG-Infrastruktur in norddeutschen Häfen schneller aufbauen, Drucksache 20/1341
Nina Scheer (SPD):
„Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ein netter Versuch, Herr Ploß; aber die Initiativen für den Bau von LNG-Terminals sind schon längst auf den Weg gebracht. Insofern kommt Ihr Antrag, auch wenn er vom Datum her noch mal einen Monat zurückversetzt wurde, schlicht zu spät.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die geopolitische Lage erfordert in der Tat, dass uns nichts anderes übrigbleibt, als bei den Diversifizierungsstrategien tatsächlich noch einmal nachzulegen. Dass sich die Infrastruktur allein auf LNG fokussiert, das darf nicht stattfinden; das haben Sie in der Tat auch in Ihrem Antrag anklingen lassen. Es muss vielmehr natürlich darum gehen, dass man die Infrastruktur in Form von LNG-Terminals, die wir jetzt brauchen, so aufbaut, dass sie, wie man es nennt, „H2-ready“ sind, damit Wasserstoffanlandung ebenfalls ermöglicht wird. Alles andere wäre rückwärtsgewandt und würde uns nicht nach vorne bringen.
Ich möchte noch einmal kurz bei der Situation ansetzen, in der wir uns heute wiederfinden. Es ist durch einen Kraftakt der Bundesregierung und der beteiligten Unternehmen in der Tat jetzt schon gelungen, den Jahresmittelverbrauch bzw. den Import von russischem Gas von 55 Prozent im Jahresmittel 2021 auf 40 Prozent herunterzuschrauben. Das ist eine enorme Leistung. Insofern sieht man hier auch, dass es gelingt, sich unabhängiger von den Importen aus Russland zu machen, was aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine auch dringend geboten ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Bau von LNG-Terminals – ich habe es schon erwähnt – muss aber unbedingt in Zusammenhang mit dem beschleunigten Umstieg auf erneuerbare Energien geschehen, nämlich dahin gehend, dass wir Wasserstoffanlandung mit ermöglichen müssen und auch hier die Brücke in das Zeitalter der Erneuerbaren nicht abreißen lassen dürfen. Das wurde gestern auch mit dem Kabinettsbeschluss zum Osterpaket auf den Weg gebracht. Insofern werden wir hier nicht eine Offensive für fossile Energien starten, wie Sie, Herr Ploß, das gerade hier formuliert haben, sondern wir werden natürlich eine Ausbauoffensive für erneuerbare Energien bekommen. Das darf überhaupt nicht unter den Tisch gekehrt werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Die Möglichkeiten, die wir mit der Ampelkoalition in Richtung Ausbauoffensive ergreifen wollen, stehen unter der ganz klaren Überschrift, dass wir von einem überragenden öffentlichen Interesse der erneuerbaren Energien ausgehen. Das muss sich überall, in allen einzelnen Schritten, wiederfinden. Das heißt, bei unseren Bemühungen um Diversifizierung müssen wir auch schauen, in welchen Bereichen Gas – etwa durch Bioenergie – ersetzt werden kann. Auch hier ist der Vorrang erneuerbarer Energien wiederzufinden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Im Bereich der Wasserstofftechnologie werden dann übrigens auch sehr viele Arbeitsplätze zu finden sein; in Norddeutschland haben wir hier riesige Potenziale. Zugleich müssen wir schauen, dass wir dafür sorgen, dass die europäischen Rahmenbedingungen für die fossilen Importe, auf die wir noch eine Zeit angewiesen sein werden, so ausgestaltet werden, dass mögliche Emissionen vermieden werden. In der Vergangenheit, beim Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote, ist es uns ja gelungen – Herr Grundmann wird sich erinnern, dass wir darüber verhandelt haben –, eine entsprechende Anforderung an die damalige Bundesregierung zu richten. Wir haben da im Kontext einer Methanstrategie hinsichtlich der Methanemissionen ganz klar adressiert, dass die Bundesregierung sich dafür einsetzen soll, verbindliche strenge Standards zur klimaschonenden Förderung und Produktion fossiler Kraft- und Brennstoffe festzulegen.
Ich muss etwas abkürzen, weil die Zeit abläuft. Jedenfalls möchte ich bei alldem noch mal hervorheben: Man muss immer mitdenken, dass natürlich auch die fossilen Energien, soweit wir noch von ihnen abhängig sind, Nachhaltigkeitsanforderungen unterworfen sind. Dieses Thema ist auch aufgegriffen worden: Im Dezember gab es von der Kommission einen Vorschlag, und wir sind darum bemüht, dass dieser beschleunigt umgesetzt wird.
Mir bleibt am Ende der Redezeit nur, noch kurz zu erwähnen, dass Ihr Antrag – ich habe es eingangs schon angerissen – quasi verfristet ist. In diesem Sinne werden wir ihn im Wege der Sofortabstimmung heute ablehnen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zur Rede in der Mediathek des Deutschen Bundestags